Rezension: Kleine Große Schritte von Jodi Picoult

Rezension: Kleine Große Schritte von Jodi Picoult

Januar 16, 2018 0 Von CuddlyBooknerd

Wichtig, aber Zäh!

*gesponsertes Rezensionsexemplar*


Name: Kleine Große Schritte
Autor: Jodi Picoult
Verlag: C. Bertelsmann
Seitenzahl: 592 Seiten
Preis: 20,00€
Genre: Roman
Reihe?: Nein

„Der Grund weshalb wir nicht über Rasse sprechen, ist der, dass wir keine gemeinsame Sprache sprechen.“ (Ruth, S. 336)


Ruth ist Säuglingsschwester im Mercy-West Haven Hospitals. Normalerweise würde sie sagen, sie mache ihren Job gut. Doch eines Tages soll sich um das Kind von Turk und Brittany Bauer kümmern. Die beiden haben aber ein Problem mit ihr auf Grund Ruths Hautfarbe. Die Eltern des Kindes gehören einer rassistisch motivierten Gruppe an. Sie hassen andere Menschen, die nicht weißhäutig sind. Also beschweren sie sich bei Ruths Vorgesetzten, sodass Ruth sich nicht mehr um das Baby kümmern darf.
Kurze Zeit später ist sie die einzig verfügbare Kraft, die auf das Baby nach der Beschneidung aufpassen kann. Zu diesem Zeitpunkt geschieht das Dilemma: Das Baby gerät in Atemnot. Ruth weiß nicht was sie tun soll. Soll sie sich den Anweisungen widersetzen und dem Baby helfen? Oder soll sie sich beugen und nichts tun? Nach kurzen Zögern hilft sie dem Kind, aber es ist schon zu spät. Es stirbt und Ruth wird dafür verklagt. Der Vater, dass sie zur Rechenschaft gezogen wird.


Ich finde das Cover schön, aber es hat auch nichts mit dem Inhalt zu tun. Das finde ich wirklich Schade, weil ich so ein Cover nicht passend finde und es demnach nicht stimmig ist. Schlichtheit passt zwar zur Grundstimmung des Buches, ich finde es aber besser, wenn das Cover die Thematik des Buches besser aufgegriffen hätte.
Der Schreibstil von Jodi Picoult ist wirklich zäh. Zuerst dachte ich, sie würde es spannend machen, doch schon bald stellte ich fest, dass mir zu viele Informationen geliefert werden. Es werden Ereignisse beschrieben, die nicht viel zum Plot beitragen und daher unnötig sind. Das hat mir wirklich die Laune verdorben. So habe ich mich immer wieder selbst ermutigen müssen weiter zu lesen. Dies ändert sich auf den letzten hundert Seiten. Dort konnte ich nicht mehr aufhören zu lesen, denn alles entwickelte sich endlich und man musste weiterlesen. Im Allgemeinen finde ich ihren Schreibstil aber weniger fesselnd.
Die Geschichte entwickelt sich auch eher langsam. Man bekommt immer mehr einen Eindruck von Rassismus und Vorurteilen, aber ich finde man muss auch bei Äußerungen von Adisa nachdenken, ob es nicht schon an Rassismus gegenüber Weißen grenzt. Das Buch öffnet Augen, ganz klar. Es zeigt Privilegien auf und hinterlässt einen nachwirkenden Eindruck. Vorurteile werden immer mehr aufgeklärt.
Die Charaktere sind wirklich tiefgehend. Es gibt nur wenige, bei denen ich sagen kann, dass sie flach blieben. Es müssen aber auch nicht alle Charaktere explizit herausgearbeitet sein.
Ruth ist eine bewundernswerte starke Frau. Trotz der Katastrophe in ihrem Leben, versucht sie das Beste daraus zu machen, für ihren Sohn. Sie ist eine alleinerziehende Mutter, die sich gegenüber ihren Teenager-Jungen durchsetzen muss. Natürlich ist dies nicht einfach, aber sie gibt ihr Bestes und das ist das Wichtigste. Trotz der Rückschläge lässt sie sich nicht herunterkriegen und sucht nach Möglichkeiten für sich selbst sorgen zu können. Ich habe Respekt vor ihr und konnte wirklich mitfühlen.
Turk finde ich sehr interessant. Das Buch ist auch aus seiner Sichtweise geschrieben und deswegen erhält man einen sehr guten und tiefen Einblick in seine Vergangenheit. Man versteht, wieso er rassistisch denkt und was seine Beweggründe sind. Genau das finde ich auch wichtig. Einen angeborenen Rassismus gibt es nicht, weswegen ich die Aufarbeitung von Turk als sehr gelungen empfinde. Denn wir lernen mit ihm eine Ursache kennen, wie Menschen in eine rassistische Bewegung mithineingezogen werden. Dennoch waren mir ein paar Rückblicke zu viel des Guten. Sie haben einfach nichts zum Verlauf des Buches beigetragen und waren meiner Meinung nach unnötig. Seine Entwicklung im Laufe des Buches ist sehr interessant und wirklich angenehm zuzuschauen. Am Ende musste ich mit ihm fühlen und freute mich über die paar späteren Plottwists, die ich nicht kommen sah.
Seine Frau Brittany dagegen blieb etwas oberflächlich dagegen. Wir bekamen keinen so tiefen Einblick in sie, aber dennoch konnte man mit ihr fühlen. Man merkt, wie sie im Buch leidet und welchen Schmerz sie fühlen könnte. Auch ihre Beweggründe sind genannt.
Als letztes ist da noch Kennedy. Ich verstehe nicht ganz, warum Picoult sich entschieden hat, auch Kapitel aus ihrer Sichtweise zu schreiben, aber so ist es nun. Bei den Szenen mit Kennedy lernt man eher Alltagsrassismus kennen, den sie aber durch Ruth erst bemerkt.  Ihre Bemühungen als Ruths Anwältin sind aber spannend zu verfolgen. Denn auch Kennedy entwickelt sich im Laufe des Buches weiter und muss immer mehr auf Ruth zukommen. Es gibt Dinge, die Kennedy im Prozess nicht aussprechen will, Ruth aber schon. Der Konflikt ist sehr spannend.

Ein gutes und wichtiges Buch, bei dem man aber zu viele Informationen teilweise erhält. Der Schreibstil ist nicht ganz spannend. Der Inhalt dagegen ist aber sehr wichtig! Eine kleine Empfehlung meinerseits.


4 / 5 Sternen